Samstag, 8. November 2008

Bingo

Gestern war dann der große Tag, an dem sich unser neuer Geschäftsführer der Belegschaft von Ingram Australien präsentiert hat. An sich macht er einen ganz guten Eindruck, scheint nicht unnahbar und durch seinen Akzent, der eine witzige Mischung aus neuseeländischem und australischem ist, muss ich gestehen, dass er durchaus sympathisch wirkt. Sein amerikanischer Boss allerdings ging mal wieder gar nicht! Uns wurde ja im übrigen auch der Mund verboten. Etwaige Fragen mussten wir im Vorfeld schriftlich bei der Personalabteilung einreichen - offizielle Begründung war natürlich, dass es sonst zu viele Fragen gäbe und die Zeit dafür nicht ausreichen würde... mal wieder Quatsch mit Soße, aber wen wundert das noch?!?Unser Casual Friday wurde auch plötzlich abgesagt und es gab Jeansverbot...wie ich diese Falschheit und Heuchelei doch hasse!!! Wo ist das Problem, zum Casual Friday zu stehen? Da kann ich ja gar nicht drauf und habe mich schon gleich wie ein verratener und verkaufter Pfingstochse gefühlt. Verdammte rückgratlose Kreaturen!
Überraschenderweise ging eine durchaus interessante Frage durch die Zensur und das war die, die auf Entlassungen und eine Adaption des neuseeländischen Modells auf Australien anspielte. Die typische politische Antwort ließ natürlich nicht lange auf sich warten, bis sich dann der plötzliche Durchbruch eines Anflugs von Ehrlichkeit seinen Weg nach außen bahnte... Entlassungen seien zunächst nicht geplant, da wir ja durch die etwa 20% Fluktuationsrate gepaart mit einem Einstellungsstop schon automatisch Leute loswürden und damit Kosten sparen. Natürlich hinge der Rest vom Umsatz in diesem Quartal ab, es könnte nicht versprochen werden, dass keine weiteren Einsparungen gemacht werden müssten sofern der Umsatz nicht entsprechend steigt... Der normaldenkende Mensch fragt sich, wie man auf eine solche Fluktuationsrate stolz sein kann. Mich würde das mal zum Nachdenken anregen und ich würde einen Weg finden wollen, die Leute länger zu halten, aber das hält man hier nicht für nötig.
Ich glaube zwar nicht, dass ausgerechnet ich geschmissen würde, weil ich mich um den zweit- und drittgrößten Hersteller in unserem Team kümmere, aber da der Business Manager und ich nicht die besten Freunde sind und mein Verbleib in diesem Lande von meiner Arbeit abhängt, habe ich mich entschlossen, das Angebot der Konkurrenz anzunehmen. Unsicherheit bei Ingram gepaart mit wenig Unterstützung aus dem Management (mein direkter Chef, der absolut super ist, steht sicherlich auch auf der Abschussliste) hat letztlich den Ausschlag gegeben. Ich möchte auf der sicheren Seite sein und selbst entscheiden was weiterhin passiert und nicht eines Morgens zur Arbeit kommen um wieder gehen dürfen und mich dann 4 Wochen später im Flugzeug nach Deutschland wiederzufinden. Ich will gehen wenn ich entscheide, dass die Zeit gekommen ist! Da lasse ich mir von diesen Luftpumpen keinen Strich durch die Rechnung machen!
Gesagt getan, Vertrag der Konkurrenz unterzeichnet, abgeschickt und Montag wird gekündigt! Es wird mir ein Fest! Schade nur, dass mein Business Manager im Urlaub ist und ich ihm leider nicht all das persönlich mitteilen kann, was ich von ihm und seinem Führungsstil halte. Somit muss ich bei Anthony, meinem verständnisvollen und überhaupt super Chef, kündigen. Er weiß schon Bescheid, wir haben in den letzten Wochen mehrfach die Situation und mein Angebot besprochen. Sobald die Personalabteilung eingeschaltet wird, dürfte meine Kündigung mal richtig interessant werden, da ich doch Geleit zum Aufzug bekommen dürfte, weil ich bei der Konkurrenz arbeiten werde...
Ich will sehr hoffen, dass die Geschichte für Anthony und den Rest meines Teams gut ausgeht. Immerhin bedeutet meine Kündigung, dass mein Portfolio aufgeteilt wird und es damit schwieriger wird, meine Leutchen zu entlassen... So hat es doch für alle etwas Gutes!
Die neue Firma wird dann mein Sponsorship-Visum übernehmen, alles in allem wird das etwa 3-4 Wochen in Anspruch nehmen, aber Ingram schuldet mir ohnehin 5 Wochen Gehalt und somit werde ich noch vor Weihnachten bei Simms anfangen. Dort arbeite ich auch als Produktmanager und kümmere mich um Kingston, einen meiner bisherigen Hersteller. Welch ein Luxus, nur einen Hersteller zu haben und sich endlich mal auf die Vermarktung der Produkte konzentrieren zu können! Kein Papierkrieg mehr, weniger Bürokratie und der erste Eindruck meiner zukünftigen Kollegen ist auch sehr, sehr positiv. Ingram zu verlassen ist nicht schwierig, meine 3, 4 Leutchen, die mittlerweile zu Freunden geworden sind, zurückzulassen, ist dagegen schon nicht leicht und ich muss gestehen, dass ich da gestern auch das ein oder andere Tränchen drüber verdrückt habe... Positiv ist, ich freue mich auf etwa 4 Wochen bezahlten Urlaub und neue Herausforderungen!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hi, die Daumen drückt Dir...
Andy :o)